Ehrlich: wir wollten zügig voran und Lücken schließen – Ein Kommentar zur Radnacht 2014

Ehrlich: wir wollten zügig voran und Lücken schließen – Ein Kommentar zur Radnacht 2014

Im letzten Jahr haben wir uns ja ausführlich auf der Seite der Klassikerausfahrt mit dem Thema Düsseldorfer Radnacht beschäftigt. Wenn ich den Artikel, den ich seinerzeit geschrieben habe, jetzt noch mal lese, stelle ich fest, dass ich 2014 einen in vielen Bereichen ähnlichen Artikel schreiben könnte. Nun gut, leider gab es keine L’Eroica-Ausstellung, aber die Radnacht war trotz geändertem Startpunkt wieder eine Stopp & Go-Fahrt für Menschen mit langem Geduldsfaden. Aber es geht ja auch nicht um Sport, sondern um ein Familienfreundliches Event, dass unter anderem Düsseldorfs Anliegen, als Fahrradfreundliche Stadt wahrgenommen zu werden, unterstreichen möchte.

Fangen wir diesmal einfach mit den positiven Aspekten an: alles was Menschen zum Radfahren animiert, ist gut. Punkt. Somit ist die Radnacht erstmal eine lobenswerte Veranstaltung. Darüber hinaus war alles gut organisiert und die Straßen gut abgesperrt, hier haben Polizei, das Team von Gios und der Rest der Ordner ganze Arbeit geleistet. Ich bin erst kurz hinter der Theodor-Heuss-Brücke zur Radnacht gestossen, habe somit den Auftakt mit Ansprachen u.a. von Thomas Geisel verpasst. Und ich habe die „Wer keinen Helm hat wird hier aussortiert“-Nummer ausgelassen. Womit wir beim Thema des Abends sind: die Helmdiskussion.

Ok. Steigen wir in den Ring. Rechts und links von uns werden schon die Kommentare vorformuliert, die ständig gleichen Argumente mit immer neuen Statistiken unterfüttert. Jeder versucht, die Emotionen unter Kontrolle zu halten, um sachlich zu wirken. Doch dann kommt der Punkt, wo die Polemik raus muss. Da gibt es kein Halten mehr, Kübel voll verbaler Gülle werden über Andersdenkende geleert. Warum eigentlich? Vielleicht muss man mal akzeptieren, dass es da zwei Meinungen gibt. Und keine davon richtig oder falsch ist. Rennradler aufgepasst: das ist wie mit der Geschichte mit dem Beine rasieren. Man macht‘s oder man lässt es. Darf jeder selbst entscheiden.

Natürlich unterliegen Großveranstaltungen bestimmten Auflagen, Versicherer wollen nahezu alle Eventualitäten ausgeschlossen oder zumindest bedacht sehen. Städte machen sich Gedanken, wie Risiken minimiert und Haftungen ausgeschlossen werden können. Da kommt man dann gerne mal auf die Idee, aus einer Bummeltour mit dem Fahrrad eine Sportveranstaltung mit Helmpflicht zu machen. Aber ich als völlig unbedarfte Privatperson stelle dann mal die Frage: macht das Sinn?

In den Einstiegsansprachen ging es wohl um den Vorbildcharakter der Veranstaltung. Ich kann da klugscheißernd empfehlen, sich im Straßenverkehr immer vorbildlich zu verhalten. Wenn wir selbst öfter die Perspektive wechseln, uns mal im Auto, mal auf dem Rad und mal zu Fuß durch die Stadt bewegen, hören wir auch auf, von „den Radfahrern“ oder „den Autofahren“ zu reden. Weil wir alle viel mehr Verständnis für die Situationen bekommen, in die wir manchmal andere Verkehrsteilnehmer durch unser Verhalten bringen. Toleranz füreinander ist vorbildlich. Und dazu gehört auch, jedem selbst zu überlassen, ob er einen Helm tragen will. Denn Radfahren an sich ist nicht gefährlich. Und man sollte auch niemandem den Eindruck vermitteln, dass man unbedingt einen Helm aufsetzen muss, wenn man Rad fährt. Bei der Rollnacht bringt man diese Toleranz ja auch auf. Die durchschnittliche Geschwindigkeit dort dürfte übrigens kaum niedriger als die der Radnacht aka “SlowSpeedContest“sein.

Ich möchte mich wirklich nicht auf eine Seite der Helmdiskussion stellen,  aber wir erwarten im Alltag von fast jedem Volljährigen, sein Handeln, die Folgen sowie seine eigene Gefährdung in vielen Bereichen seines Lebens selbst einzuschätzen. Und gehen davon aus, dass niemand leichtfertig seine Gesundheit oder sein Leben aufs Spiel setzt. Eine Tour mit einer gerade mal zweistelligen Durchschnittsgeschwindigkeit durch eine abgesperrte ausgeleuchtete Innenstadt gehört sicherlich nicht zu den risikoreichen Unternehmungen, die man mit dem Fahrrad in Düsseldorf absolvieren kann. Eine Fahrt am Nachmittag über Corneliusstraße, Graf-Adolf-Straße, Karlstraße und Worringer Platz zum Beispiel ist da ein ganz anderes Kaliber.

Das sollte sich ändern.

Carsten Wien

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